“Rights Managed” (RM) ist ein Lizenzmodell, “Royalty Free” (RF) heißt nicht kostenlos

Der Fall:
Der Bildermarkt ist ein sehr vielschichtiger Markt und unterliegt einem ständigen Wandel. Die Bildbeschaffung ist aufwändiger geworden. Besonders Bildagenturen sehen sich neuen Herausforderungen gegenübergestellt, attraktive Rechtepakete zusammenzustellen. Inzwischen hat sich eine Vielzahl von Anbietermodellen entwickelt wie z. B. Microstocks, Midstocks, Abonnements, Rights Managed (RM)-, Royalty Free (RF)- und Righs Ready (RR)-Modelle mit ständig wechselnden Lizenz- und Preiskonstellationen. Die Grenzen der Stockanbieter sind fließend. Eine zunehmende Digitalisierung und unkontrollierte Verbreitung im Netz begünstigen immer häufiger Urheberrechtsverletzungen und damit verbunden die Problematik der Durchsetzung von Urheberrechtsverletzungen. Wird die nicht lizenzierte Verwendung entdeckt, stellt sich die Frage nach der angemessenen Vergütung ex ante oder ex post.

Grundsätzlich hängt die Ermittlung einer angemessenen Vergütung, und damit verbunden der wirtschaftliche Wert von Nutzungsrechten, von bestimmten Faktoren ab, die für Bewertungskriterien und -maßstäbe herangezogen werden. Gerade bei der Nutzung in Online-Medien spielen Reichweiten und Nutzungsintensität zur Feststellung der Verbreitung eine nicht unwesentliche Rolle. Für eine Honorarbestimmung ist zudem der Lizenzstatus eines Bildes entscheidend. Ein RM-Modell z. B. zeichnet sich insbesondere dadurch aus, dass ein einfaches Nutzungsrecht beschränkt für ein bestimmtes definiertes Projekt und Honorar erworben wird. Insbesondere ist eine lückenlose Dokumentation über die Verwendung des Lichtbildes durch alle derzeitigen und bisherigen Lizenznehmer vorhanden. Dieser Anspruch existiert nicht in Micro-, Mid-Stock- oder Royalty Free (RF)-Modellen.

Der Begriff “Royalty Free” ist irreführend. Fälschlicherweise wird darunter oft “lizenzfrei” im Sinne von kostenlos verstanden. “Lizenzfrei” beutet prinzipiell eine Nutzungsvergütung, die nur einmalig beim Erstkauf entsteht. In der Regel sind bestimmte Nutzungen ausgeschlossen.
Werden Bilder aus Katalogen von Bildanbietern unlizenziert entnommen und auf eigenen Internetseiten eingebracht, stellen sich bei Aufdeckung der Urheberrechtsverletzung Fragen nach angemessener Vergütung, Schadenersatz nach Lizenzanalogie, Lizenzierungspraxis, marktüblichen Tarifen, unterlassener Urhebernennung, materiellem Schaden, entgangenem Werbewert, Nutzungsintensität oder der Ausschließlichkeit des Nutzungsrechts. Ist das nachträglich zu berechnende Bildhonorar nach allgemeinen Durchschnittswerten oder nach Vergütungstarifen zu ermitteln? Ist ein Verletzeraufschlag gerechtfertigt?

Die Fragestellung:

Bewerten der angemessenen Vergütung von Bildhonoraren für die unerlaubte Verwendung auf Internetseiten.

Auftraggeber:
Amtsgericht; (Gerichtsgutachten im Zivilverfahren)